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WDR 6 Kirche (27.11.2013) |
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"Diese Wirtschaft tötet“
Papst Franziskus veröffentlicht ein sozialkritisches
Lehrschreiben und proklamiert eine Reform der
Kirche. Vieles von dem ist enthalten, was Papst
Franziskus seit seinem Amtsantritt bei Audienzen und
in Interviews bereits geäußert hat.
Rom – Fast 200 Seiten lang ist das Dokument, das
Papst Franziskus am Dienstag veröffentlicht hat. Es
wird allgemein als eine „Regierungserklärung“ acht
Monate nach seiner Wahl betrachtet. In dem
päpstlichen Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“
(Freude des Evangeliums) wird Franziskus seinem Ruf
als Erneuerer und Reformer zumindest in Teilen
gerecht. Vieles ist enthalten, was der Argentinier
seit seinem Amtsantritt im März in Predigten, bei
Audienzen und in Interviews bereits geäußert hat:
die Forderung nach einer armen Kirche, die sich um
die Armen und Schwachen kümmert, nach einer
lebendigen Kirche mit „offenen Türen“, nach
Priestern, die den Kontakt zu den Menschen suchen
und wirkliche Seelsorge leisten, anstatt ihr Amt in
„pastoraler Trägheit“ auszuüben.
Jetzt plädiert er für eine Reform der Kirche „auf
allen Ebenen“ – einschließlich der eigenen, der
päpstlichen. Auch seine Kritik am verbreiteten
Konsumdenken, der Wohlstandskultur und der
dominierenden Rolle des Geldes bekräftigt Franziskus
– und er erweitert sie im Lehrschreiben zu einer Art
Brandrede, in der er das Wirtschafts- und
Finanzsystem grundlegend infrage stellt.
So sei die ungleiche Verteilung des Reichtums die
wichtigste Ursache aller sozialen Übel und von
Gewalt. „Solange die Probleme der Armen nicht von
der Wurzel her gelöst werden, indem man auf die
absolute Autonomie der Märkte und der
Finanzspekulation verzichtet und die strukturellen
Ursachen der Ungleichverteilung der Einkünfte in
Angriff nimmt, werden sich die Probleme der Welt
nicht lösen“, schreibt der Papst. Sozialkritik
hatten auch schon seine Vorgänger Benedikt XVI. und
Johannes Paul II. geäußert. Aber Franziskus ist sehr
viel deutlicher, direkter und schärfer. An anderer
Stelle befindet er: „Diese Wirtschaft tötet.“ Alles
drehe sich heute um Konkurrenzfähigkeit und das
Gesetz des Stärkeren. „Der Mensch an sich wird wie
ein Konsumgut betrachtet, das man gebrauchen und
dann wegwerfen kann.“
Kirche soll Neues riskieren
An die Ränder der Gesellschaft muss die Kirche gehen
und alles in den Dienst der Schwachen stellen,
fordert der Papst. Religion müsse Einfluss auf das
soziale und politische Geschehen haben. Christen
müssten sich aktiv für den Aufbau einer besseren
Welt einsetzen und darauf hinwirken, dass niemand
ausgeschlossen wird. Die Kirche soll dafür
hergebrachte Positionen aufgeben und Neues
riskieren: „Mir ist eine ‚verbeulte‘ Kirche, die
verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straße
hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die
aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer
Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu
klammern, krank ist“, schreibt Franziskus.
Quelle:
www.fr-online.de/der-neue-papst/papst-franziskus--diese-wirtschaft-toetet-,10846758,25437588.html
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